

Große Dankbarkeit seitens der Schulen
Juli 2017 Vor einem Jahr, im Sommer 2016, haben wir ein neues, für die Region völlig innovatives Projekt gestartet: den Würzburger Bildungsfonds. Kinder und Jugendliche aus Würzburg und der Region, die aufgrund ihres familiären oder sozialen Umfelds nicht die gleichen Bildungschancen haben wie ihre Mitschüler, sollten die Möglichkeit bekommen, direkt in der Schule unbürokratisch und passgenau unterstützt und gefördert zu werden, damit sie den Anschluss nicht verpassen. Denn Bildung ist der Grundbaustein für ein selbstbestimmtes Leben in unserer Gesellschaft und alle Menschen sollten die gleichen Chancen auf Bildungszugang haben.
Gemeinsam mit vier weiteren Gründungspartnern: der Stadt Würzburg, dem Staatlichen Schulamt Würzburg, Professor Heinz Reinders vom Lehrstuhl für Empirische Bildungsforschung an der Universität Würzburg sowie der IHK Würzburg-Schweinfurt haben wir das Projekt nach dem Vorbild anderer bereits bestehender Bildungsfonds in Deutschland passgenau für Würzburg entwickelt und nach vielen Gesprächen fünf Grund- und Mittelschulen ausgewählt, die zu Beginn des letzten Schuljahres jeweils 5.000 Euro zur Förderung von benachteiligten Kindern erhielten.
Mit dem Geld konnten z.B. zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Lernentwicklung und Sprachförderung, die individuelle Unterstützung einzelner Schüler, um z.B. den Klassen- oder Schulübertritt zu schaffen sowie Maßnahmen zur Gesundheits- und Bewegungsförderung direkt und ohne Antrag finanziert werden. Welche Kinder jeweils unterstützt würden, lag hierbei im Ermessen der Lehrkräfte, denn sie kennen ihre Schützlinge genau und wissen am besten, welches Kind zusätzliche Förderung benötigt.
Als Bindeglied zwischen der Bürgerstiftung und Schule fungierten von Anfang an ehrenamtliche Schulpaten, die „ihre“ Schule hin und wieder besuchen, in einzelne Fördermaßnahmen hineinschnuppern und mit den Schulleitungen in regelmäßigem Kontakt stehen. Sie überprüfen außerdem die zweckgerechte Verwendung der Mittel, denn der Fonds darf nur da genutzt werden, wo staatliche Förderung nicht mehr greift und der Aspekt der Bildungsbenachteiligung des Einzelnen im Vordergrund steht.
Am Ende des Schuljahres war es nun Zeit, ein Resümee zu ziehen. Projektleiterin Lucia Rühling hatte deshalb die Schulleitungen aller beteiligten Schulen, die jeweiligen Schulpaten sowie die Projektpartner der ersten Stunde zu einem gemeinsamen Treffen in die Bürgerstiftung eingeladen.
Sehr schnell wurde beim regen Erfahrungsaustausch in der Runde klar: die Bürgerstiftung hat mit dem Bildungsfonds den Nerv der Zeit getroffen. Erwin Pfeuffer, Leiter des Staatlichen Schulamts bekräftigte dies, indem er darauf hinwies, dass sich das zahlenmäßige Verhältnis von Lehrern zu Schülern aufgrund der geänderten Schülerstruktur in den letzten Jahren kontinuierlich nach unten verändert hat. Es sei deshalb schon eine Herausforderung für die Schulen, den planmäßigen Unterricht aufrechtzuerhalten, für zusätzliche Förderkurse oder sonstige Maßnahmen, um schwächeren Schülern gezielt unter die Arme zu greifen, seien einfach keine Möglichkeiten mehr vorhanden.
Anschließend stellten die Schulen die wichtigsten Projekte vor, die im Laufe des Schuljahres mit den Mitteln des Bildungsfonds realisiert worden sind:
Sowohl in der Grundschule Dürrbachgrund als auch in der Adalbert-Stifter-Grundschule in der Zellerau konnten Kinder mit Migrationshintergrund, die noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben, diese in zusätzlichen „Sprache durch Musik“ Gruppen lernen. Mit einfachen Instrumenten, Liedern und tänzerischer Begleitung vertiefen die Kinder hier die deutsche Sprache spielerisch und üben die korrekte Aussprache. Denn: „Seinem Gegenüber selbstbewusst entgegen schauen und laut, deutlich und mit korrekter Aussprache zu kommunizieren sind wichtige und unverzichtbare Verhaltensweisen, wenn es darum geht, im Leben anerkannt und ernst genommen zu werden.“ sagte Bettina Wohlleber, Schulleiterin der Adalbert-Stifter-Grundschule. Horst Peter, Schulleiter der Grundschule Dürrbachgrund ergänzte: „Wir sind sehr froh und dankbar über diese zusätzliche Möglichkeit, Kinder, die im Schulalltag eher am Rande stehen und dadurch drohen, durchs Netz zu fallen, durch gezielte Maßnahmen so unterstützen zu können, dass sie neben den in der Schule erforderlichen Kenntnissen auch wieder mehr Selbstbewusstsein, mehr Spaß am Lernen und dadurch auch letztendlich wieder mehr Erfolg haben werden.“
Auch in der Grundschule Giebelstadt ist eine solche Gruppe für das kommende Schuljahr geplant. Der in diesem Jahr eigens an der Schule entwickelte Kurs: „Mut tut gut – ab heut‘ trau ich mich mehr!“ für Kinder, die sich in schulischen Konfliktsituationen nicht ausreichend wehren können, war ein voller Erfolg, berichtete Schulleiterin Barbara Bartsch. Anhand von erlebnispädagogischen Elementen und spielerischen Aufgaben konnten „stille“ Kinder das eigene Selbstwertgefühl stärken. Ein erlebnispädagogisches Training für eine gesamte 4. Klasse, mehrere Kleingruppen, in denen Konzentration und Aufmerksamkeit gezielt geübt wurden, sowie Einzelunterstützung für einen Schüler über einen längeren Zeitraum wurden hier ebenfalls mit dem Geld aus dem Bildungsfonds verwirklicht.
Mit dem Projekt „Gewusst wie“ hat die Grund- und Mittelschule Margetshöchheim ein Förderangebot für die individuelle Unterstützung ausgewählter Kinder und Jugendliche ins Leben gerufen. An insgesamt neun Stunden in der Woche wurden sie in Absprache mit dem jeweiligen Klassenlehrer von einer Heilpädagogin während der Unterrichtszeit begleitet, um Defizite und Schwächen auszugleichen. So wurden zum Beispiel Unterrichtsinhalte wiederholt oder vertieft und Hausaufgabenhilfe geleistet. Außerdem lernten die Kinder, sich selbst besser zu organisieren, z.B. notwendige Schulsachen und Bücher im Unterricht dabei zu haben, Hefte ordentlich und vor allem vollständig zu führen und gestellte Aufgaben zu erfüllen. „Dadurch erleben die Schüler wieder Lernerfolge und damit verbunden auch ein gesteigertes Selbstwertgefühl und die Freude am Lernen.“ berichtete die Schulleiterin Marion Reuther.
Über ganz unterschiedliche Einzelfallunterstützungen an der Gustav-Walle Mittelschule freuten sich Schulleiter Matthias Schranner und Gudrun Reinders, Lehrerin: Nachhilfeunterricht für Kinder und Jugendliche, die Deutsch als Zweitsprache lernen, sowie die Anschaffung von Vokabelboxen, die das Selbstlernen und Selbsttrainieren der deutschen Sprache unterstützen; die Finanzierung von zusätzlichen Schwimmstunden, damit für einige Kinder die Teilnahme am stundenplanmäßigen Schwimmunterricht der Klasse überhaupt erst möglich wurde sowie finanzielle Unterstützung bei Theaterbesuchen und einem Zuschuss zu einer Klassenfahrt. an der ein Schüler ansonsten als einziger nicht hätte teilnehmen können und somit aus der Klassengemeinschaft ausgeklammert gewesen wäre, wurden hier mit dem Geld aus dem neuen Fonds finanziert.
Projektleiterin Lucia Rühling ist begeistert: „Die Schulen haben mit dem Geld tolle und vorbildliche Projekte initiiert, um benachteiligte Kinder schnell und unbürokratisch zu unterstützen. Das freut uns natürlich sehr! Wir vertrauen den Lehrkräften vor Ort, denn das ist genau der richtige Weg, damit die Unterstützung schnell, diskret und ohne Umwege dort ankommt, wo sie benötigt wird.“
Ein Bedarf nach zusätzlicher Förderung Einzelner ist auch in einer vergleichsweise reichen Region wie Würzburg groß. Der Bildungsfonds soll deshalb auf Dauer bestehen.
„Wir wollen mit dem Bildungsfonds ein starkes Bündnis in Würzburg aufzubauen, um Kinder und Jugendliche zu unterstützen. Damit alle jungen Menschen, egal welcher Herkunft, die gleichen Chancen auf gute Bildung, einen Platz in unserer Gesellschaft und eine sichere Zukunft haben.“, bekräftigt Joachim Erhard, Vorstand der Bürgerstiftung, noch einmal. „Für das kommende Schuljahr 2017/18 haben wir deshalb zwei weitere Schulen zusätzlich ins Projekt aufgenommen.“
Die Schülerinnen und Schüler der Grundschule Würzburg-Heuchelhof sowie der Grundschule Reichenberg können sich freuen. Auch an ihrer Schule wird es ab Herbst unbürokratische und niederschwellige Förderungsmöglichkeiten geben.
Lucia Rühling hofft, dass sich weitere Privatpersonen, Stiftungen, Unternehmen, Service- Clubs, Geschäfte, Praxen oder Kanzleien für benachteiligte Kinder in Würzburg und Umgebung einsetzen. Denn nur so wird der Etat des Bildungsfonds langfristig sichergestellt und kann kontinuierlich anwachsen.
Bildunterschrift: SchulleiterInnen und LehrerInnen, Projektpartner, Schulpaten und Vertreter der Bürgerstiftung beim 2. Netzwerktreffen für den Würzburger Bildungsfonds, (Foto: Bürgerstiftung)